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Die Bildqualität von Objektiven
für die digitale Fotografie


 

Autor: Dr. Karl Lenhardt, Bad Kreuznach

Die digitale Fotografie nimmt derzeit einen ungeheuren Aufschwung. In Deutschland übersteigen schon jetzt die digitalen Kameras wertemäßig die Summe aller übrigen verkauften (konventionellen) Kameratypen. Auch die Typenvielfalt ist schon fast unübersehbar.

Nimmt man die digitalen Kameras mit Bildaufnehmern (CCDs oder CMOS) mit 2 Millionen Pixel und mehr, so gibt es davon über 80 verschiedene Modelle. Wer also mit dem Kauf einer digitalen Kamera liebäugelt, steht von einer unüberschaubaren Flut von Informationen, die gesichtet und klassifiziert sein will. Nur - nach welchen Gesichtspunkten soll dies erfolgen? Man wird intuitiv - aber etwas verschwommen - sagen: nach der Qualität des erhaltenen Bildes. Genau diesem Thema widmet sich ausführlich der nachfolgende Beitrag.

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Die Übertragungskette in der digitalen Fotografie


 

Schematische Darstellung der Übertragungskette in der digitalen Fotografie von Objekt über Linse und Sensor bis zur digitalen Speicherung

Abb. 1: Die Übertragungskette in der digitalen Fotografie

Die Bildqualität wird von einer ganzen Reihe von Gliedern (Komponenten) des Aufnahmesystems (also Komponenten der digitalen Kamera) beeinflußt. Man spricht von der Übertragungskette mit den einzelnen Gliedern (Komponenten) die man folgendermaßen einteilen kann.

Jedes Glied dieser Kette beeinflußt die Bildqualität in positiver oder negativer Weise. Dies gilt insbesonders für das Objektiv, da es am Anfang dieser Kette steht. Was hier verloren geht kann nur schwer wiedergewonnen werden. Das Objektiv überträgt die visuelle Information des abzubildenden Objektes in die Ebene des Bildsensors. Nachfolgend wird speziell dieser Vorgang betrachtet mit dem Ziel, die verschiedenen Einflußgrößen, welche die Bildqualität der Optik beeinflussen zu charakterisieren.

Was macht nun "gute Bildqualität" der Optik aus?


Dazu gibt es verschiedene Gesichtspunkte, welche in ihrer Gesamtheit zu betrachten sind:

  • Bildschärfe und Kontrast
  • geometriegetreue Wiedergabe
  • Helligkeitsverteilung über das Bild
  • gute Lichtdurchlässigkeit des Objektives
  • geringes Streulicht ( Falschlicht )
  • Freiheit von Farbsäumen

In dieser Reihenfolge wollen wir im folgenden die einzelnen Einflußgrößen betrachten.

 

Bildschärfe und Kontrast
Sicherlich wollen Sie feinste Details Ihres Motivs in absoluter Schärfe auch im Endbild sehen. Um die Wiedergabe derartiger Feinheiten beurteilen zu können muß zunächst ein zahlenmäßiges Maß für diese Strukturfeinheiten gefunden werden. Dazu verwendet man allgemein hell/dunkel Strukturen, also schwarz/weiß Testgitter mit gleich breiten hellen und dunklen Balken. Die Strukturfeinheit wird dabei durch die Anzahl solcher schwarz/weiß Balkenpaare pro Millimeter angegeben, oder wie man sagt: Linienpaare pro Millimeter.

Die nächste Frage, welche sich sofort anschließt, ist folgende: Welche Feinheiten müssen noch zu sehen sein, damit man von einem einwandfrei scharfen Endbild sprechen kann? Nun, dies ist verständlicherweise abhängig von der Vergrößerung des digitalen Bildes auf das endgültig betrachtete Bildformat.

Im allgemeinen sind die Bildsensoren der digitalen Kameras relativ klein und wenn man von einem Endbild der Größe 10 x 14 cm ausgeht, so kommt man auf Vergrößerungsfaktoren von ca. 20-30fach. Allgemein kann man davon ausgehen, daß ein Bild als einwandfrei scharf beurteilt wird, wenn es, bei einem Betrachtungsabstand von 25 cm, ca. 4 Linienpaare pro Millimeter auflöst.

Testgitter mit unterschiedlichen Linienabständen zur Beurteilung der Auflösung

Abb. 2: Testgitter zur Charakterisierung von Strukturfeinheiten

Für die Strukturfeinheit im Bild des Objektives (auf dem Sensor) bedeutet dies also, daß die Optik Strukturfeinheiten von 80-120 Linienpaare pro Millimeter wiedergeben muß. Jedoch ist diese Angabe noch nicht vollständig. Es kommt auch noch darauf an, mit welchem Kontrast zwischen hellen und dunklen Balken diese Strukturen wiedergegeben werden. Denn je geringer der Unterschied zwischen hellen und dunklen Balken ist, um so schlechter ist die Struktur zu erkennen. Die nachfolgende Abbildung soll dies veranschaulichen.

Von untern nach oben zeigen die Testgitter zunehmenden Kontrast (in Prozent), von links nach rechts zunehmende Strukturfeinheit (in Linienpaaren pro cm).

Wenn Sie mit einem 17-Zoll Monitor der Auflösung 1024 x 768 Pixeln dieses Bild aus einem Abstand von ca. 1,5 Metern betrachten, so entsprechen die feinsten Strukturen (im Bild rechts) in etwa 4 Linienpaare/mm. Sie werden feststellen, daß bei niedrigem Kontrast die feinsten Strukturen praktisch nicht mehr erkennbar sind.

Will man also die Schärfeleistung eines Objektives charakterisieren, so zieht man eine Linie von Testfigur zu Testfigur mit dem entsprechenden Kontrast, den das Objektiv für diese Testfigur wiedergibt. Diesen Kurvenzug nennt man die Kontrastübertragungsfunktion (oder auch MTF aus dem englischen: Modulation Transfer Function).

In Abb. 3 sind zwei derartige Kurvenzüge eingezeichnet, wobei der obere Kurvenzug für das qualitativ bessere Objektiv steht, da es vergleichbare Strukturfeinheiten mit höherem Kontrast (höherer Modulation) wiedergibt. In rein grafischer Darstellung ergibt dies also etwa folgendes Diagramm. Das Fazit zu unseren Betrachtungen über Bildschärfe und Kontrast lautet also: Möglichst hoher Kontrast bei möglichst großer Strukturfeinheit ( bis zu einer vernünftigen Obergrenze, s. o. ) und dies über das gesamte Bildfeld möglichst gleichmäßig.

Diagramm mit Linienpaaren pro Zentimeter und verschiedenen Kontrasten von 10 % bis 90 % zur Darstellung der Auflösung

Abb 3: Strukturfeinheit und Kontrast

MTF-Diagramm, das die Modulation in Prozent im Verhältnis zur Auflösung in Linienpaaren pro Millimeter zeigt

Abb.: 4 Die Modulationsübertragungsfunktion (Kontrast!) als Funktion der Strukturfeinheit (in Linienpaaren/mm).

Geometriegetreue Wiedergabe


Hierunter versteht man, daß eine geometrische Figur (also z.B. Kreis, Quadrat, Fensterrahmen, Tür u.s.w.) unverzerrt wiedergegeben wird und nicht etwa als ovales, kissen- oder tonnenförmiges Gebilde. Tritt ein solcher Fehler auf, so wird er in der Optik Verzeichnung genannt. Die Verzeichnung wird als Abweichung des verzeichneten Bildpunktes von der geometrisch korrekten Lage in Prozent angegeben. Sie steigt i.A. von der Bildmitte zum Bildrand mehr oder weniger gleichmäßig an. Derartige Verzerrrungen sind bei regelmäßigen Objekten wie z.B. Häuserfront mit Fenster, Türen u.s.w. sehr viel stärker sichtbar als bei unregelmäßigen Strukturen wie z.B. Landschaftsaufnahmen. Die Verzeichnung kann "kissenförmig" (positiv) sein, also eine Dehnung der Objektstrukturen bewirken oder "tonnenförmig" (negativ), was einer Stauchung der Objektstrukturen entspricht, siehe Abb. 5. In der Praxis sind Verzeichnungen unter 2 % nicht mehr störend.

Drei Bilder eines Gebäudes, die tonnenförmige, kissenförmige und unverzerrte Darstellungen zeigen

Abb.: 5 Verzeichnungen für ein reales Objekt. Von links nach rechts: Originalbild, 10% kissenförmige, 10% tonnenförmige Verzeichnung

 

Helligkeitsverteilung über das Bild


Das vom Objektiv erzeugte Bild soll eine gleichmäßige Helligkeit bis zum Bildfeldrand besitzen. Ein Helligkeitsabfall zum Bildfeldrand macht sich besonders bei unstrukturierten Motiven, wie z.B. Himmel, Wasser, Sand unangenehm bemerkbar. Ein Helligkeitsabfall wird angegeben als das Verhältnis der Helligkeit am Bildfeldrand zu der Helligkeit in der Bildmitte (in Prozent) für ein gleichmäßig helles Objekt. In der Optik spricht man von der relativen Bestrahlungsstärke des Objektives. Abb. 6 zeigt Beispiele für verschiedene Stärken des Helligkeitsabfalls zum Bildfeldrand. Die Bildecken sind also am dunkelsten, da sie am weitesten von der Bildmitte entfernt sind. Speziell bei Weitwinkelobjektiven ist ein gewisser Helligkeitsabfall aus physikalischen Gründen unvermeidbar. Wie die Abbildungen zeigen, wirkt ein Helligkeitsabfall von 25 % nicht mehr sehr störend.

Vier Bilder einer Blume, die den Lichtverlust an den Rändern des Bildfeldes in verschiedenen Stufen zeigen

Abb.: 6 Beispiele für Helligkeitsabfall am Bildrand

 

 

Gute Lichtdurchlässigkeit des Objektives
(spektrale Transmission)


Die Fähigkeit, auch bei schwacher Beleuchtung noch gute Aufnahmen zu machen, wird durch eine hohe Lichtstärke des Objektives gewährleistet und mit Hilfe des Öffnungsverhältnisses (z.B. 1:3,5) oder der Blendenzahl k (z.B. k = 3,5) beschrieben. Je kleiner die Blendenzahl k ist, um so lichtstärker ist das Objektiv. Diese Blendenzahl berücksichtigt jedoch nicht die Abschwächung des Lichtes beim Durchgang durch die Linsen des Objektives. Dieser Lichtverlust kommt durch Absorption (Abschwächung) in den Gläsern und durch Reflexionen an den Luft/Glas Oberflächen zustande und ist abhängig von der Farbe (Wellenlänge) des eintretenden Lichtes. Gute Lichtdurchlässigkeit (spektrale Transmission) erhält man nur mit hochwertigen optischen Gläsern und sehr guter Vergütung (Entspiegelung) der Glasoberflächen durch zahlreiche aufgedampfte hauchdünne Schichtsysteme. Die spektrale Transmission wird in Abhängigkeit von der Lichtfarbe (Wellenlänge) in Prozent angegeben. Abb. 7 zeigt ein Beispiel.

 

 

Spektrale Transmissionskurve als Funktion der Wellenlänge in Nanometern

Abb. 7: Spektrale Transmission

Geringes Streulicht (Falschlicht)


Das Falschlicht äußerst sich in einem einheitlichen Helligkeitspegel, welcher dem Bild (Nutzlicht) überlagert ist. Dieses kommt durch unerwünschte Reflexionen an Fassungsrändern, Blendenlamellen und den Linsenoberflächen zustande und hellt die dunklen Partien des Bildes auf. Der Dynamikumfang, also das Verhältnis von hellster zu dunkelster Bildstelle wird dadurch verringert und natürlich der Kontrast von feinen Objektstrukturen. Gute Optiken haben einen Falschlichtanteil von weniger als 3 %. Abb. 8 zeigt als Beispiel links oben das Objekt und dann Falschlichtanteile von 6%, 12% und 24%.

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Abb.: 8 Verschiedene Falschlichtanteile im Bild. Von links oben nach rechts unten: Originalbild, 6%, 12%, 24%
 

Freiheit von Farbsäumen


Farbsäume sind Erscheinungen an hell/dunkel oder dunkel/hell Kanten, welche sich in einem farbigen Saum an diesen Kanten äußern. Solche hell/dunkel Übergänge als Testmuster haben wir schon kennengelernt, es sind die schwarz/weiß Balkengitter der Abbildung 2. Diese werden also bei der Abbildung nicht nur in ihrem Kontrast vermindert, sondern zeigen noch zusätzlich farbige Verläufe. Dabei ist nicht nur die Ausdehnung der Farbverläufe von Bedeutung, sondern auch wie kräftig oder blass die Farben sind. Farbsäume sind ein besonders kritisches Kriterium in der digitalen Fotografie.

Der optoelektronische Bildwandler (vgl. Abb. 1) besteht aus regelmäßig angeordneten, quadratischen Bildelementen, welche Pixel genannt werden (aus dem englischen für Picture Element, also Bildelement). Anders als bei der herkömmlichen Fotografie mit Farbfilmen, wo die lichtempfindlichen Elemente aus unregelmäßig geformten Kornstrukturen bestehen, treten die Farbsäume bei Kantenübergängen an der regelmäßigen Pixelstruktur besonders auffallend in Erscheinung.

Abb. 9 zeigt die Simulation von Farbsäumen für zwei reale Objektive, wobei das obere Beispiel bezüglich Farbsäumen deutlich schwächer ist als das untere.

Die Abbildung zeigt die Farbsäume, wie sie in der Bildebene (also auf der Oberfläche des Bildsensors) durch das Objektiv entstehen. Die Testgitterstruktur (also jeder weiße bzw. schwarze Balken) hat dabei eine Ausdehnung von 1 Pixel, 2 Pixel und 4 Pixel (von links nach rechts). Übliche Pixelgrößen für digitale Kameras liegen zwischen 2,8 und 3, 5 µm, das sind 2,8 bis 3,5 tausendstel Millimeter ! Für 3 µm Pixelgröße ergibt dies Strukturfeinheiten von 160, 80 und 40 Linienpaare pro Millimeter.

Allerdings "sieht" der Bildwandler die Farben anders: jedes Pixel mittelt dabei die Helligkeit und Farbe über seine lichtempfindliche Fläche. Dabei entsteht pro Pixel ein einheitlicher Farbton und eine einheitliche Helligkeit, wie das die Abb. 10 zeigt. Farbsäume können neben der Optik noch in anderen Gliedern der Übertragungskette (vgl. Abb.1) entstehen, z.B. durch das Mosaikfilter des Bildwandlers und bei der digitalen Bildverarbeitung (digitale Farbinterpolation). Eine gute Farbkorrektur für die Optik ist erreicht, wenn die Farbsäume eine Ausdehnung von weniger als 2 Pixel bei relativ geringer Farbsättigung (oder Buntheit) aufweisen.

Sechsfache Darstellung von Farbsaum-Effekten auf Testmustern zur Analyse von Bildsensoren

Abb.: 9 Farbsäume an schwarz/weiß Testgittern für zwei reale Objektive

Sechsfache Darstellung von Farbsaum-Effekten auf Testmustern zur Analyse von Bildsensoren

Abb.: 10 So "sieht" der Bildwandler die Farbsäume

 

Schlußbemerkung


Wir haben gezeigt, daß es eine Vielzahl von Einflußgrößen gibt, welche die "gute Bildqualität" eines Objektives bestimmen. Eine ausgewogene Beurteilung der Gesamtheit dieser Parameter ist also erforderlich, um die Abbildungsqualität eines Objektives richtig einordnen zu können. Ein weiterer Gesichtspunkt, welcher in dieser Einführung nicht behandelt werden konnte hängt ebenfalls mit der regelmäßigen Pixelstruktur des Bildwandlers zusammen und ist unter anderem für die Entstehung von Farbsaumstrukturen verantwortlich: Es ist der sog. Übersprecheffekt oder (auf englisch) Aliasing.

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