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Spezifikation von Objektiven für
Megapixel-Kameras


Stuart W. Singer CEO of Schneider Optics 

Gregory Hollows Director of Machine Vision Solutions, Edmund Optics

Die ständige Weiterentwicklung hochauflösender Sensoren mit höherer Pixeldichte und kleineren Pixeln stellt die Optikhersteller vor die Herausforderung, leistungsfähigere Objektive herzustellen. Um zu verstehen, wie Objektive die Leistung von bildgebenden Systemen beeinflussen können, müssen die physikalischen Grundlagen der Beugung, der Objektivapertur, der Brennweite und der Wellenlänge des Lichts verstanden werden.

Warum die Physik entscheidend ist: Beugung, Blende und Brennweite

Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung hochauflösender Sensoren mit höherer Pixeldichte und kleineren Pixeln stehen Optikhersteller vor der Herausforderung, Objektive mit immer besserer Leistung zu entwickeln. Um zu verstehen, wie Objektive die Leistungsfähigkeit von Bildverarbeitungssystemen beeinflussen können, ist es notwendig, die Physik hinter Beugung, Blendenzahl, Brennweite und Lichtwellenlänge zu begreifen (siehe „Matching Lenses and Sensors“, Vision Systems Design, März 2009). Darüber hinaus schränken andere konstruktionsbedingte Grenzen die optischen Fähigkeiten eines Objektivs ein – noch bevor Fertigungstoleranzen berücksichtigt werden.

Bei der Auswahl eines passenden Objektiv-Kamera-Systems für eine bestimmte Anwendung ist es nicht empfehlenswert, beispielsweise einfach ein „5-MPixel-Objektiv“ zu wählen und zu hoffen, dass es mit einer 5-MPixel-Kamera zusammenpasst. Vor der Entscheidung für ein solches Objektiv müssen auch die Auswirkungen von Blende (f/#), Arbeitsabstand, Objektivdesign und Toleranzen berücksichtigt werden. Es ist entscheidend, die spezifischen Anforderungen einer Anwendung genau darzulegen, bevor die richtigen optischen Komponenten ausgewählt werden. Nur so können Hersteller nachweisen, inwieweit ihre Komponenten diese Anforderungen erfüllen können.
 

MTF verstehen: Der Schlüssel zur Objektivleistung

Eines der hilfreichsten Kriterien zur Beschreibung der Bildqualität (bzw. der Leistung eines Objektivs) ist die Modulationsübertragungsfunktion (MTF). Leider kann die MTF auf unterschiedliche Weise spezifiziert werden, sodass die Leistung eines bestimmten Objektivs mitunter höher erscheint, als tatsächlich erreichbar ist.

Um die MTF korrekt zu messen, wird ein Bild eines Targets aufgenommen, dessen Intensität räumlich sinusförmig variiert. Dieses Sinusmuster erzeugt im Bild immer ein Sinusmuster, unabhängig von der Bildqualität. Die einzigen Größen, die bei schlechter Bildqualität beeinflusst werden, sind der Kontrast und die Phasenlage des Bildes. Trägt man den Kontrast gegen die Ortsfrequenz auf, zeigt die horizontale Achse die räumliche Auflösung in Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) und die vertikale Achse den Kontrast (bzw. die MTF) von 0 bis 100 % bei jeder gegebenen Ortsfrequenz.

Ab einer bestimmten Frequenz ist der Kontrast im sinusförmigen Bild zu gering, um noch wahrnehmbar zu sein. Diese Frequenz bezeichnet man als Cutoff-Frequenz des Objektivs. Selbst bei Objektiven ohne geometrische Abbildungsfehler gibt es immer eine durch Beugung bestimmte Cutoff-Frequenz. Wird die Beugung bei der Bestimmung der MTF berücksichtigt, bleibt dies die umfassendste Methode zur Beschreibung der Objektivleistung.

Geometrische vs. beugungsbegrenzte MTF: Ein kritischer Unterschied

Bevor Hochgeschwindigkeitsrechner zur Verfügung standen, wurde die MTF oft ohne Beugungseffekte berechnet, weil die dafür erforderlichen Berechnungen sehr komplex waren und viel Zeit in Anspruch nahmen. Heutzutage sollte jedoch die beugungsbegrenzte (diffraction) MTF die einzige sein, die zur Beschreibung der Objektivleistung herangezogen wird.

Generell liefert eine beugungsbegrenzte MTF immer um mindestens 10 % niedrigere Leistungswerte als eine geometrische MTF. Für hochauflösende Systeme, in denen 5-MPixel-Kameras eingesetzt werden und bei denen Kontraste um 20 % nur schwer zu erreichen sind, ist dies äußerst wichtig. Darüber hinaus sollte MTF-Datenmaterial Angaben über das verwendete Wellenlängenspektrum enthalten. Für ein Objektiv, das im sichtbaren Bereich von 400–700 nm eingesetzt wird, sind polychromatische beugungsbegrenzte MTF-Daten am aussagekräftigsten.

Heutige 5-MPixel-Sensoren haben typischerweise eine Pixelgröße von 3,4 µm. Um diesen Bildsensoren gerecht zu werden, muss das MTF-Diagramm eine Auflösung von 147 lp/mm abdecken. Dazu ist beispielsweise ein Objektivdesign mit f/2.4 bei 580 nm erforderlich, bei dem die Airy-Scheibe (oder Spotgröße) ungefähr 3,4 µm beträgt. Die Leistung eines solchen Objektivs entspricht damit dem 5-MPixel-Sensor. Vergleicht man die polychromatischen Beugungs-MTF-Daten mit den polychromatischen geometrischen MTF-Daten, zeigt sich, dass die polychromatische geometrische MTF bei 150 lp/mm eine um 25 % geringere relative MTF-Leistung aufweist (siehe Abb. 1).

Aufgrund der fehlenden Standardisierung optischer Daten präsentieren zahlreiche Hersteller immer noch geometrische MTF-Daten, damit ihre Objektive eine höhere Leistungsfähigkeit zu haben scheinen. Aussagekräftige und verlässliche Informationen seitens der Objektivhersteller sollten polychromatische beugungsbegrenzte MTF-Daten liefern, damit die tatsächlichen Leistungsgrenzen des Objektivs nachvollziehbar sind.
 

MTF-Diagramme zur chromatischen Beugung in der optischen Abbildung.

Abbildung 1. Beim Vergleich von polychromatischen Beugungs-MTF-Daten (unten) mit polychromatischen geometrischen MTF-Daten (oben) zeigt sich, dass die polychromatische geometrische MTF bei einer Frequenz von 150 lp/mm eine um 25 % geringere relative MTF-Leistung aufweist.

Blendenöffnung und Arbeitsabstand

Selbst wenn man die richtige Interpretation von MTF-Kurven verstanden hat, müssen noch weitere Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören der Arbeitsabstand des Objektivs und dessen Blende (f/#), da auch sie die MTF eines Objektivs und somit dessen Leistungsfähigkeit beeinflussen.

Zwar können MTF-Kurven aufzeigen, wie sich ein Objektiv bei unterschiedlichen Arbeitsabständen und Blendenöffnungen verhält, jedoch muss hierfür für jede Entfernung und jede Blende eine neue Kurve erstellt werden.

Die Rolle der Blende (f/#): Ein praktischer Vergleich

Um verschiedene Produkte korrekt vergleichen zu können, muss somit eine Vielzahl von Kurven herangezogen werden. Mit dem Verständnis, wie Arbeitsabstand und Blende die erzielbare Auflösung beeinflussen, können Systemintegratoren jedoch effizienter ein spezielles Objektiv auswählen, das ihren Anforderungen entspricht. Zur Demonstration der Auswirkungen variierender Blende und Arbeitsabstände wurden zwei unterschiedliche 5-MPixel-Objektive von zwei verschiedenen Herstellern bei verschiedenen Blendenöffnungen und Arbeitsabständen untersucht. Jedes Objektiv verfügt über eine eigene MTF, die suggeriert, dass es Kameras mit 5-MPixel-Sensoren auflösen kann. Doch durch die Betrachtung der in der Mitte und in den Ecken des aufgenommenen Bildes gewonnenen Aufnahmen lassen sich Unterschiede in der tatsächlichen Auflösung erkennen.

Verwendet man ein Ronchi-Gitter und ein Sichtfeld (FOV) von 8 Zoll, wird das Bildverarbeitungssystem zunächst so eingestellt, dass Zeilen auf jedem zweiten Pixel des Sensors abgebildet werden. Dadurch können beide Objektive Bilder mit der pixelbeschränkten Auflösung des Sensors auflösen. Bei dieser Auflösung sind Kontrastwerte über 25 % schwierig zu erreichen, was zu Graustufenbildern führt. Bildrauschen wird bei diesen niedrigen Kontrastwerten leichter sichtbar. Die Auswirkungen davon sind vor allem in Aufnahmen mit niedrigerem Kontrast stark ausgeprägt.

Wird eine Blende von f/2 verwendet, können sowohl Objektiv A als auch Objektiv B in der Bildmitte eine 5-MPixel-Auflösung liefern, wobei Objektiv B einen leicht höheren Kontrast aufweist (siehe Abb. 2a und 2b).
In der Bildecke hingegen kann Objektiv A bei dieser Blendenöffnung (f/2) keine 5-MPixel-Auflösung mehr erreichen, obwohl die MTF-Spezifikation besagt, dass es 5 MPixel auflösen kann (siehe Abb. 2c und 2d).
Wird die Blende beider Objektive auf f/8 eingestellt, lösen beide immer noch 5-MPixel-Bilder im Zentrum des Bildes auf. Allerdings sind die in der Bildmitte bei f/2 beobachteten niedrigeren Kontrastwerte jetzt deutlich erkennbar, was darauf hindeutet, dass die Beugung nun eine Rolle spielt. In den Bildecken wird eine 5-MPixel-Auflösung von beiden Objektiven nur noch knapp erreicht (siehe Abb. 2e und 2f). Obwohl die höhere Blendenzahl bestimmte Abbildungsfehler und Fertigungstoleranzen (die bei Objektiv A am Rand sichtbar waren) kompensiert, verringern sich dadurch wegen der Beugung und des geringeren Lichteinfalls insgesamt die Leistungsreserven des Objektivs.

Wählt man nun eine noch kleinere Blendenöffnung von f/11 und betrachtet die Bildmitte, ist die Beugungsgrenze des Systems bereits überschritten. Weder Objektiv A noch Objektiv B kann an dieser Stelle noch eine Auflösung erreichen (siehe Abb. 2g und 2h). Unter diesen Bedingungen ist in den Bildecken ebenfalls keine Auflösung mehr möglich, da die Beugungsgrenze des Systems erreicht ist (siehe Abb. 2i und 2j).

 

 Vergleich von Kontrastmustern mit variierenden räumlichen Frequenzen

Abbildung 2. Mit einer Blende von f/2 in der Bildmitte erzielen sowohl Objektiv A (rechts) als auch Objektiv B (links) eine 5-MPixel-Auflösung, wobei Objektiv B einen etwas höheren Kontrast aufweist (a und b). In den Bildecken kann Objektiv A bei f/2 allerdings keine 5-MPixel-Auflösung mehr erreichen (c und d). Bei f/8 lösen beide Objektive in der Bildmitte weiterhin 5 MPixel auf (e und f). In den Bildecken wird die 5-MPixel-Auflösung nur knapp erreicht (g und h). Bei f/11 ist in der Bildmitte die Beugungsgrenze überschritten und keine Auflösung mehr erkennbar (i und j). In den Bildecken ist bei f/11 aufgrund der Beugungsgrenze ebenfalls keine Auflösung mehr möglich (k und l).

 

Die Auswirkung des Arbeitsabstands auf die Bildqualität

Auch der Arbeitsabstand beeinflusst die Leistungsfähigkeit eines Bildverarbeitungssystems. Wenn sich der Arbeitsabstand ändert, ändert sich auch das Sichtfeld (FOV). Somit müssen unterschiedliche Targets verwendet werden, um eine pixelbeschränkte Bildraumauflösung aufrechtzuerhalten. Durch die Betrachtung der Bildmitte und der -ecken können unterschiedliche erreichbare Auflösungen des Bildverarbeitungssystems sichtbar gemacht werden.

Mit Blende f/2, einem Sichtfeld von 8 Zoll und einem Arbeitsabstand von 24 Zoll kann Objektiv B bei dieser Einstellung 5-MPixel-Bilder auflösen (siehe Abb. 3a und 3b). Stellt man dieselbe Blende (f/2), ein Sichtfeld von 4 Zoll und einen Arbeitsabstand von 12 Zoll ein, ist Objektiv B immer noch in der Lage, 5-MPixel-Bilder aufzulösen. Allerdings sinkt hier der Kontrast in den Bildecken (siehe Abb. 3c und 3d).

Bei f/2, einem Sichtfeld von 1,5 Zoll und einem Arbeitsabstand von 4 Zoll zeigt Objektiv B in den Bildrändern keine Kontrastübertragung mehr in dem pixelbeschränkten Auflösungsbereich. Auch bei höheren Blendenöffnungen ist in den Bildecken kein Unterschied erkennbar (siehe Abb. 3e und 3f). Obwohl dieses Objektiv im Vergleich zu anderen 5-MPixel-Objektiven eine hohe Leistungsfähigkeit aufweist, kommt es dennoch an seine Grenzen.

Fazit: Wichtige Kriterien für die Wahl des richtigen Objektivs

Bei der Objektivauswahl muss daher sorgfältig geprüft werden, welche Art von MTF-Daten (geometrisch oder beugungsbegrenzt) vom Hersteller angegeben werden. Zweitens sollten in den MTF-Daten die Fertigungstoleranzen ausgewiesen sein. Falls dies nicht der Fall ist, sollte man vor einer endgültigen Auswahl unbedingt nachfragen. Des Weiteren müssen Faktoren wie Arbeitsabstand, Blende und Wellenlängenbereich berücksichtigt werden, um das höchste Leistungsniveau des Bildverarbeitungssystems zu erreichen. Auch wenn ein Objektiv in der Theorie zum ausgewählten Kamera-Sensor zu passen scheint, kann eine genauere Betrachtung das Gegenteil aufzeigen. Häufig entsprechen die als „Megapixel-Objektive“ verkauften Linsen in der Praxis nicht den tatsächlichen Anforderungen des Sensors. Ist dies der Fall, sollten sie nicht als echte Megapixel-Objektive klassifiziert werden.

 

Kontrastmuster eines Objektivs bei verschiedenen Blendenwerten

Abbildung 3. Bei einer Blende von f/2, einem Sichtfeld von 8 Zoll und einem Arbeitsabstand von 24 Zoll kann Objektiv B bei dieser Einstellung 5-MPixel-Bilder auflösen (a und b). Bei gleicher Blende (f/2), einem Sichtfeld von 4 Zoll und einem Arbeitsabstand von 12 Zoll ist Objektiv B weiterhin in der Lage, 5-MPixel-Bilder aufzulösen. Hier ist jedoch in den Bildecken ein geringerer Kontrast erkennbar (c und d). Bei f/2, einem Sichtfeld von 1,5 Zoll und einem Arbeitsabstand von 4 Zoll zeigt Objektiv B in den Bildecken keine Kontrastübertragung mehr bei der pixelbeschränkten Auflösung (e und f). Selbst bei höheren Blendenöffnungen ändert sich das nicht.

Über den Autor

Stuart W. Singer

Stuart W. Singer CEO Schneider Optics Inc.

Stuart W. Singer ist ein Experte für Präzisionsoptik und Bildverarbeitungssysteme mit mehr als 45 Jahren Erfahrung. Als CEO von Schneider Optics, Inc. verfügt er über langjährige Erfahrung in den Bereichen industrielle Bildverarbeitung und Luft- und Raumfahrtoptik, die er in leitenden Positionen bei führenden Unternehmen gesammelt hat. Stuart ist Senior-Mitglied der SPIE und erhielt den National Emmy Award für die Entwicklung von Filtern für die digitale Cinematographie. Seine Leidenschaft ist es, die Grenzen der Optik auszuloten und Fachleute bei der Entwicklung ihrer Anwendungen zu unterstützen. LinkedIn

 

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