Warum die Physik entscheidend ist: Beugung, Blende und Brennweite
Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung hochauflösender Sensoren mit höherer Pixeldichte und kleineren Pixeln stehen Optikhersteller vor der Herausforderung, Objektive mit immer besserer Leistung zu entwickeln. Um zu verstehen, wie Objektive die Leistungsfähigkeit von Bildverarbeitungssystemen beeinflussen können, ist es notwendig, die Physik hinter Beugung, Blendenzahl, Brennweite und Lichtwellenlänge zu begreifen (siehe „Matching Lenses and Sensors“, Vision Systems Design, März 2009). Darüber hinaus schränken andere konstruktionsbedingte Grenzen die optischen Fähigkeiten eines Objektivs ein – noch bevor Fertigungstoleranzen berücksichtigt werden.
Bei der Auswahl eines passenden Objektiv-Kamera-Systems für eine bestimmte Anwendung ist es nicht empfehlenswert, beispielsweise einfach ein „5-MPixel-Objektiv“ zu wählen und zu hoffen, dass es mit einer 5-MPixel-Kamera zusammenpasst. Vor der Entscheidung für ein solches Objektiv müssen auch die Auswirkungen von Blende (f/#), Arbeitsabstand, Objektivdesign und Toleranzen berücksichtigt werden. Es ist entscheidend, die spezifischen Anforderungen einer Anwendung genau darzulegen, bevor die richtigen optischen Komponenten ausgewählt werden. Nur so können Hersteller nachweisen, inwieweit ihre Komponenten diese Anforderungen erfüllen können.
MTF verstehen: Der Schlüssel zur Objektivleistung
Eines der hilfreichsten Kriterien zur Beschreibung der Bildqualität (bzw. der Leistung eines Objektivs) ist die Modulationsübertragungsfunktion (MTF). Leider kann die MTF auf unterschiedliche Weise spezifiziert werden, sodass die Leistung eines bestimmten Objektivs mitunter höher erscheint, als tatsächlich erreichbar ist.
Um die MTF korrekt zu messen, wird ein Bild eines Targets aufgenommen, dessen Intensität räumlich sinusförmig variiert. Dieses Sinusmuster erzeugt im Bild immer ein Sinusmuster, unabhängig von der Bildqualität. Die einzigen Größen, die bei schlechter Bildqualität beeinflusst werden, sind der Kontrast und die Phasenlage des Bildes. Trägt man den Kontrast gegen die Ortsfrequenz auf, zeigt die horizontale Achse die räumliche Auflösung in Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) und die vertikale Achse den Kontrast (bzw. die MTF) von 0 bis 100 % bei jeder gegebenen Ortsfrequenz.
Ab einer bestimmten Frequenz ist der Kontrast im sinusförmigen Bild zu gering, um noch wahrnehmbar zu sein. Diese Frequenz bezeichnet man als Cutoff-Frequenz des Objektivs. Selbst bei Objektiven ohne geometrische Abbildungsfehler gibt es immer eine durch Beugung bestimmte Cutoff-Frequenz. Wird die Beugung bei der Bestimmung der MTF berücksichtigt, bleibt dies die umfassendste Methode zur Beschreibung der Objektivleistung.
Geometrische vs. beugungsbegrenzte MTF: Ein kritischer Unterschied
Bevor Hochgeschwindigkeitsrechner zur Verfügung standen, wurde die MTF oft ohne Beugungseffekte berechnet, weil die dafür erforderlichen Berechnungen sehr komplex waren und viel Zeit in Anspruch nahmen. Heutzutage sollte jedoch die beugungsbegrenzte (diffraction) MTF die einzige sein, die zur Beschreibung der Objektivleistung herangezogen wird.
Generell liefert eine beugungsbegrenzte MTF immer um mindestens 10 % niedrigere Leistungswerte als eine geometrische MTF. Für hochauflösende Systeme, in denen 5-MPixel-Kameras eingesetzt werden und bei denen Kontraste um 20 % nur schwer zu erreichen sind, ist dies äußerst wichtig. Darüber hinaus sollte MTF-Datenmaterial Angaben über das verwendete Wellenlängenspektrum enthalten. Für ein Objektiv, das im sichtbaren Bereich von 400–700 nm eingesetzt wird, sind polychromatische beugungsbegrenzte MTF-Daten am aussagekräftigsten.
Heutige 5-MPixel-Sensoren haben typischerweise eine Pixelgröße von 3,4 µm. Um diesen Bildsensoren gerecht zu werden, muss das MTF-Diagramm eine Auflösung von 147 lp/mm abdecken. Dazu ist beispielsweise ein Objektivdesign mit f/2.4 bei 580 nm erforderlich, bei dem die Airy-Scheibe (oder Spotgröße) ungefähr 3,4 µm beträgt. Die Leistung eines solchen Objektivs entspricht damit dem 5-MPixel-Sensor. Vergleicht man die polychromatischen Beugungs-MTF-Daten mit den polychromatischen geometrischen MTF-Daten, zeigt sich, dass die polychromatische geometrische MTF bei 150 lp/mm eine um 25 % geringere relative MTF-Leistung aufweist (siehe Abb. 1).
Aufgrund der fehlenden Standardisierung optischer Daten präsentieren zahlreiche Hersteller immer noch geometrische MTF-Daten, damit ihre Objektive eine höhere Leistungsfähigkeit zu haben scheinen. Aussagekräftige und verlässliche Informationen seitens der Objektivhersteller sollten polychromatische beugungsbegrenzte MTF-Daten liefern, damit die tatsächlichen Leistungsgrenzen des Objektivs nachvollziehbar sind.